Seit Beginn der Neuzeit (ca. 1500), besonders aber seit Beginn der Globalisierung seit wenigen Jahrzehnten rückt die Welt nicht nur für uns Menschen enger zusammen, sondern auch für Tiere und Pflanzen.
Waren diese über Millionen von Jahren durch große Entfernungen, durch Gebirge, Wüsten, Ozeane voreinander gertennt und hatten sich unterschiedlich entwickelt, kann der Mensch heute mit seinen Transportmöglichkeiten über Land, Wasser und durch die Luft diese Trennung innerhalb weniger Stunden aufheben.
Dies passiert heute alltäglich, zu jeder Stunde und überall auf unserem Planeten.
Waren es vor Jahrhunderten z.B. noch die europäischen Haustiere wie Schweine, Hunde, Katzen aber auch Ratten, die in die kolonisierten Gebiete in Übersee oder auf neu entdeckten Inseln der Südsee eingeführt wurden und katastrophale Schäden an der heimischen Tier-und Pflanzenwelt anrichteten, sind es heute oft Kleintiere wie Algen, Krebse, Muscheln, die z.B.mit dem Ballastwasser der Ozeanriesen um die Welt reisen, in fremden Häfen heraus gepumpt werden und sich in ihrer neuen Umgebung oftmals rasch vermehren undzu einer Plage für die endemischen Biozönosen werden können.
Oft wurden und werden Tiere aber auch gezielt ausgesetzt oder entfliehen aus Käfighaltung wie z.B. der Marderhund, der Waschbär, die Bisamratte, aber auch der amerikanische Flusskrebs oder die Regenbogenforelle. Bei Tierarten, die in fremde Lebensräume ausgesetzt wurden und sich dort unkontrolliert weiter vermehren, spricht man von Neozooen.
Was für Tiere gilt, trifft aber auch leider für die Pflanzenwelt zu. Hier spricht man von Neophyten.
Zu ihnen gehören z. B. die Herkulesstaude aus dem Kaukasusgebiet, das Drüsige Springkraut aus Asien, das Schmalblättrige Greiskraut aus Südafrika, die Kanadische Goldrute, der Japanische Knöterich oder die Späte Traubenkirscheebenfalls aus Nordamerika, um nur einige wenige zu nennen, denn mittlerweile sind Tausende von Arten bei uns in Deutschland heimisch, die ursprünglich nicht von hier stammen.
Viele Arten erwiesen sich als unproblematisch, weil sie kaum starke Ausbreitungstendenzen zeigten. Sehr viele von Ihnen werden jedoch invasiv, d.h. sie verbreiten sich sehr rasch und werden zur Gefahr und zur Konkurrenz für heimische Pflanzen oder Tiere.
Warum ist das so schlimm ? Sollten wir uns nicht eher freuen über die meist sehr attraktiven Pflanzen mit ihren oft so schönen Blüten, an denen vielfach sogar die Hummeln und Bienen naschen? Sind sie nicht eine Bereicherung für unsere heimische Flora?
Unsere Antwort ist ein entschiedenes "Nein" !
Vor allem Arten wie z.B. die Späte Traubenkirsche oder Amerikanische Kirsche (Prunus serotina) haben bei uns - im Kreis Pinneberg, im Kreis Steinburg oder im Kreis Segeberg - ein enormes und für unsere heimische Flora absolut bedrohliches Ausbreitungstempo vorgelegt. Ursprünglich von Baumschulern und Förstern eingeführt, hat die Art lange Zeit kaum auf sich aufmerksam gemacht. Erst in den letzten beiden Jahrzehnten ist sie dann zu einem Problem bei uns geworden.
Sie wird von hauptsächlich von Vögeln verbreitet, die ihre schmackhaften Samen fressen und sie später wieder ausscheiden. Dort keimem sie und werden in kurzer Zeit zu stattlichen Bäumen, die wiederum Samen tragen.
Die Pflanze wächst an freien Standorten in zwei bis drei Jahren zu einem Busch von gut zwei Metern Höhe heran und entwickelt in sehr kurzer Zeit ein ungemein dichtes Blattwerk. Oft zweigen Äste sogar in einem 90Grad-Winkel ab, um in diesem Blattgewirr noch ein Fünkchen Licht zu ergattern.Unter Mutterbäumen sieht man vielfach einen regelrechten Teppich aus Sämlingen, die von der Mutterpflanze herunter gefallen sind.
Besondere Standortansprüche hat dieser robuste Neophyt keine. Bei uns wächst er besonders gern auf Mooren, Heiden, Binnendünen, Bahndämmen, aber auch sehr gern auf Knicks, in Hecken,in Gärten, an Straßenrändern, Feldsäumen, an Gräben, in Feldgehölzen und in Forsten, wo er oft schon in wenigen Jahren die gesamte Unterholzflora dominiert.
Gefährlich an dieser invasiven Art, aber auch an anderen hier genannten, ist die rasche Form der Ausbreitung und die nachfolgende Ausschattung der heimischen Konkurrenz, die diesem robusten und wuchsfreudigen Fremdling hoffnungslos unterlegen ist und rasch an Licht-und Nährstoffmangel zugrunde geht. Damit fehlen dann die Futterpflanzen für die heimischen Tag-und Nachtfalter, für Käfer, Bienen, Hummeln und viele andere Insektenarten, die wiederum wichtige Nahrung für Mäuse, Eidechsen,Frösche, Kröten, Fledermäuse und Vögel sind. Ganze Nahrungsketten werden ausgedünnt und verarmen mit entsprechend katastrophalen Folgen für den Artenreichtum ganzer Lebensräume.
Das Gefährlichste jedoch - aus Erfahrung müssen wir das leider sagen- sind diejenigen in den Reihen des ehrenamtlichen und hauptamtlichen Naturschutzes, die diese Entwicklungen so nicht sehen wollen, sie verharmlosen, ausblenden oder kleinreden. Aus welchen Gründen auch immer. Damit verhindern sie jedoch oftmals rechtzeitige Aktionen gegen die Ausbreitung der Neophyten und erhöhen somit die Kosten für die später unweigerlich erforderliche Beseitigung der Folgeschäden.
Wir vom NABU Elmshorn haben beschlossen, uns heute und nicht übermorgen der Verantwortung zu stellen und diese bedrohliche Entwicklung der Öffentlichkeit, der Verwaltung und der Politik bewusst zu machen und selbst aktiv mitzuhelfenen, diesen invasiven Wüstling zu verdrängen.
Wir haben die Herkulesstauden an der Ekholkter Au und der Krückau in den letzten fünf Jahren bekämpft und vor allem die Späte Traubenkirsche am Alten Bahndamm in Elmshorn, in den Stadtparken Lieth und Sibirien und in Knicks und Wegsäumen unserer Nachbargemeinden zurückgedrängt.
Der Erfolg ist sichtbar. Aber ein waches Auge und alljährlich akribische Nachkontrollen der gesäuberten Geländeteile sind unabdingbar, wenn der Erfolg dauerhaft bleiben soll.
Herkulessstauden am besten während oder kurz vor der Blüte abmähen.In den kommenden Jahren wiederholen, da die Pflanze zweijährig ist und auch noch Samenvorräte aus Vorjahren im Boden lagern können. Empfohlen wird ebenfalls das Ausgraben. Ist aber sehr anstrengend und mühsam und auch hier muss die Fläche in Folgejahren immer wieder auf neue Sämlinge kontrolliert werden. Manche machen auch gute Erfahrungen mit Beweidung durch Robustrinder, die die Pflanzen im jungen Stadium fressen sollen. Einige Städte und Gemeinden bekämpfen die Staude auch mit Herbiziden, die gute Wirkung erzielen, aber auch Nachkontrolle erfordern.Wir als NABU bräuchten dafür die Genehmigung der Naturschutzbehörde.
Für das Drüsige Springkraut gilt Ähnliches wie für die Herkulesstaude. Das Abmähen kurz vor der Blüte hat sich bei dieser einjährigen Pflanze bisher als das wirksamste Mittel erwiesen.
Die bis zu finger-oder daumendicken Jungpflanzen der Späten Traubenkirsche kann man meist leicht herausziehen.Dickere Pflanzen muss man absägen.Auf jeden Fall danach aber gut handbreit mit Boden abdecken, damit kein Neuaustrieb erfolgt. Das behutsame Betupfen oder Besprühen mit einem wuchshemmenden Mittel hat sich als sehr wirkungsvoll und praktisch erwiesen. Der NABU braucht für den Einsatz dieser Mittel aber grünes Licht von der Naturschutzbehörde.